Allgemein 21.11.2014

Interview mit dem Level-Dramaturgen Philip Steimel

Wie schreibt man ein Game, das für Hörspielinteressierte und Gamer gleichermaßen interessant ist?

Elisabeth R. Hager sprach mit Leveldramaturgen Philip Steimel über die Herausforderungen und Fallstricke bei der Planung von BLOWBACK.

 

1) Beim BLOWBACK Hörgame hast du die Level-Dramaturgie übernommen. Was sind denn die Aufgaben eines Level-Dramaturgen?

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Philip Steimel © Machina eX

Wir haben den Job im Grunde während des Prozesses erfunden. Ich habe mir die Frage gestellt: Wie kann ich das Leveldesign eines Audio-only Games notieren? Die Autorin hat eine Storyline für Hörspiel und Game in einem geschrieben. Dann haben wir uns den technischen Herausforderungen gestellt. Meine Aufgabe bestand darin, aus einer Erzählung spielbare Levels zu formen. Aus einem Script Game-Mechanismen zu bauen kann ganz schön tricky sein (lacht.) Manchmal fällt es einem in den Schoß, da funktioniert das sofort. Und man denkt: Ah, das klingt nach einem Rätsel oder einem Geschicklichkeitsspiel. Manchmal muss man aber länger daran arbeiten, die akustischen Elemente, die die Autorin plant, zu verstehen und spielbar zu machen.

 

 

2) Wie weit bestimmt beim Hörgame die Form den Inhalt?

Das geht in beide Richtungen und kommt sehr auf die Methode an. Bei BLOWBACK sind wir eher von der Story ausgegangen. Aber die Autorin hat schnell verstanden, dass sie auch in einer architektonischen Levelstruktur steckt. Sie hat dann Etagen eingebaut. Und so ist die Levelstruktur schon in diesem Unterwasserhotel mit seinen Stockwerken impliziert. Im Laufe des Arbeitsprozesses haben wir mehrere Strukturen umgestellt im Game und die Reihenfolgen verändert, weil der Schwierigkeitsgrad von einem Raum zum nächsten steigen sollte. Insgesamt haben wir darauf geachtet eine abwechslungsreiche Taktung von action-, atmo- und rätselbasierten Levelfolgen zu generieren statt erst ein Genre abzuarbeiten und dann ins nächste zu hüpfen.

3) Worin bestand die Herausforderung bei der Dramaturgie von BLOWBACK? GRAFIK_02_LEVEL_01_HOTELLOBBY

Es gibt Gamedesigner, die alles in einem machen, aber bei mir war das bisher nicht der Fall. Es war nicht meine erste Begegnung mit Radio und Sounddesign, aber ich bin da kein Spezialist. Und das war dann natürlich sehr interessant!  Und dann waren wir auch vier Menschen mit den  unterschiedlichsten Backgrounds. Florian Conrad als Programmierer mit Schwerpunkt auf Soundsachen hat seinen ganz eigenen Blick. Projektleiter Mario Weise wiederum ist ein absoluter Akustikspezialist, der es gewohnt ist, sehr kleinteilig mit Sounds zu arbeiten. Und schließlich Elodie Pascal als Autorin, die zwar gewöhnt ist, schnell mit Sounds zu arbeiten, aber das meist alleine macht. Da hatten wir natürlich auch mit dem Interface zu tun, damit, zwischen unseren Positionen zu vermitteln und unsere Stärken zu vereinen.

4) Wie war es, Dich auf ein rein akustisches Game-Projekt einzulassen?

GRAFIK_03_LEVEL_02_INDOORPOOLDas Leveldesign für ein Audio-only Game zu machen, war eine extrem spannende Sache. Das Akustische  ist ja in jedem Game zentral, aber man benützt es oft, um Emotionen zu evozieren oder Atmosphäre aufzubauen und für bestimmte Spielmechaniken, die gut funktionieren. Bei BLOWBACK, wo es nur das Akustische gibt, bekommt das einen ganz anderen Kosmos. Am Anfang hat man das Gefühl, man wird beschnitten. Aber nach kurzer Zeit schon taucht man in diese Welt komplett ein. Man hört jedes Knarzen, jeden Schritt, horcht die ganze Zeit angestrengt, ob unter den Soundschichten irgendwo noch Wachpersonal schnarcht…

5) Wenn Du gerade nicht für Deutschlandradio Kultur an BLOWBACK tüftelst, bist Du Teil des Theaterkollektiv Machina eX. Kannst Du mir kurz euren Ansatz beschreiben?

Bei Machina eX machen wir etwas ganz Naives eigentlich. Wir machen Computerspiele „in echt“. Wir arbeiten mit echten Räumen und echten Menschen. Man kommt in einen Raum, in dem laufen Szenen ab. Und irgendwann haken diese Szenen und man muss den Figuren helfen oder selbst im Raum ein Problem lösen. Man darf alles anfassen und mit den anderen Spieler_innen sprechen und muss Entscheidungen treffen, die den Fortlauft der Erzählung vorantreiben. Am Anfang stand tatsächlich der naive Wunsch, den wir als Gamer hatten, einfach mal mittendrin zu stehen. Und das machen wir jetzt seit 5 Jahren in meist freien Theatern, aber auch an ganz anderen Orten.

6) Mit welchen Gefühlen siehst Du dem Launch von Blowback entgegen?

Ich bin extrem gespannt und freue mich drauf, zu erfahren wie es sich spielt. Ich habe eine vorfreudige Spannung in mir! (lacht)